Naturschutz in Krefeld gefährdet.

Offener Brief mit Appell an den Oberbürgermeister.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
der NABU-Krefeld blickt auf eine jahrzehntelange erfolgreiche und gute Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Umwelt- und Verbraucherschutz zurück. Dafür bedanken wir uns im Namen des Naturschutzes ausdrücklich!


Allerdings sind wir im NABU-Krefeld sehr besorgt über die Situation der Verwaltung besonders im Fachbereich 39. Uns drängt sich der Eindruck auf, dass seit der Strukturänderung eine klaffende Lücke in der Verwaltung entstanden ist. Die Mitarbeiter scheinen seit geraumer Zeit am Kapazitätslimit zu arbeiten. Vieles bleibt nach unserer Erfahrung liegen, anderes verzögert sich unzumutbar. Für die früher übliche Eigeninitiative der Mitarbeiter scheint es keinen Spielraum mehr zu geben. Seit 2018 verzögern sich Verwaltungsvorgänge im Naturschutzbereich unübersehbar.


Die folgende (nicht sortierte) Liste soll das illustrieren:

1. Im letzten Jahr konnten die jungen Wanderfalken mangels Genehmigung durch die UNB nicht beringt werden.

2. Im vorletzten Jahr wurde uns vom Dezernenten und vom Fachbereichsleiter nach Beschluss im Umweltausschuss die Anlage von 10 öffentlichen Blühflächen zugesagt (ursprünglich hatten wir 50 und mehr vorgeschlagen).In diesem Jahr wurde die Zahl auf drei reduziert – keine von diesen wurde bisher realisiert.

3. Im letzten Sommer bewilligte Mittel für den Ausbau eines Fledermausbunkers mussten wegen einer Verzögerung der Auftragsvergabe auf dieses Jahr übertragen werden.

4. Die innerstädtischen Ladesäulen für Elektro-Autos sind seit Mitte 2018 öffentlich nicht mehr zugänglich. Eine Ladelösung, für Car-Sharing-Fahrzeuge und gleichermaßen privaten E-Auto-Nutzern steht seit 2 Jahren aus, d.h. die privaten E-PKW-Fahrer suchen im Innenstadtbereich weiter Ladesäulen. Kleine Kommunen in unserer Nachbar-schaft, wie z.B. Viersen oder Tönisvorst zeigen, wie es besser gehen kann. Düsseldorf wirbt mit dem Hinweis auf E-Ladesäulen in den Parkhäusern seiner Einkaufszentren Krefeld die Kunden ab.

5. Klimaschutz-Weiterbildungsinitiativen wie der Klimaschutz-Infostationen-Parcour im Bereich des Umweltzentrums konnten nicht entwickelt werden. Unsere Anregungen aus Anfang 2020 werden nicht weiterverfolgt. Das ist beim massiven Drängen der Fridays-For-Future (FFF) Bewegung nicht verständlich.

6. Unsere Greifvogelpflegerin wartet seit Monaten auf die Genehmigung ihrer Auswilderungsvolieren, um die aus Altersgründen vom Vorgänger aufgegebene Arbeit im Greifvogelschutz fortzusetzen.

7. 2015 hat die LEG die Abschaltung der Pumpen am Rislerdyk angekündigt. Bezüglich der Auswirkungen auf die Naturschutzgebiete „Niepkuhlen“ und „Riethbenden“ gibt es bis heute kein Konzept.

8. Der Krefelder NABU vermisst zum anderen die Fortführung der vor der Umstrukturierung vom Fachbereich ausgeübten Praxis, eigenständig initiierte Naturschutzmaßnahmen durchzuführen, wie die Aufwertung der Flächen am Egelsberg, die teilweise Renaturierung des Flöthbaches, die Schaffung zahlreicher Kleingewässer u.a.m.

9. Der Krefelder Entomologische Verein hat in unseren Naturschutzgebieten einen dramatischen Insektenschwund aufgedeckt und damit weltweite Aufmerksamkeit gefunden. Unserer Auffassung nach ergeben sich auf diesem Gebiet besondere Herausforderungen für den Krefelder Naturschutz, darunter Maßnahmen zum Eindämmen der nachteiligen Einflüsse intensiver Landwirtschaft auf die Naturschutzgebiete, die Entwicklung von insektenfreund-lichen Blüh- und Grünflächen innerhalb und außerhalb des Siedlungsbereichs u.v.a.m. Dies wurde im Umwelt-ausschuss und bei runden Tischen zwar breit diskutiert, danach seitens der Stadtverwaltung aber nicht weiter verfolgt.

10. Krefeld ist seit langem Mitglied im Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“. Ein entsprechendes Biodiversitätskonzept steht bislang aus und die Verwaltung sieht sich nicht im Stande, ein solches zu entwickeln.


Wir waren und sind häufig im Gespräch mit Mitarbeitern des Fachbereiches und können deren schwierige Situation nachvollziehen. Wir sehen daher auch davon ab, uns bei diesen zu beschweren. Wir bitten vielmehr dringlich um eine politische Entscheidung, die diese Lage positiv verändert.

Wir wenden uns deshalb an Sie, Herr Oberbürgermeister, in der Hoffnung, dass Sie die Brisanz der aktuellen Situation wahrnehmen und in der Verwaltung die nötigen Maßnahmen einleiten, um den Personalbestand und die Ausstattung des FB39 den bestehenden Erfordernissen anzupassen.

Natur-, Arten- und Klimaschutz stehen bei den Bürgern durchaus oben auf der politischen Agenda. Dies zeigt sich darin, dass der NABU Krefeld-Viersen aktuell über 9000 Mitglieder hat, wovon alleine 3000 auf die Stadt Krefeld entfallen.

Die Erstellung des integrierten Klimaschutzkonzeptes „KrefeldKlima2030“ lässt erkennen, dass auch der Stadtverwaltung der Schutz unserer Umwelt wichtig ist.
Dem zukünftigen Klimaschutzmanager sollte eine ausreichende Verwaltungsumgebung zur Seite stehen, damit eine erfolgreiche kommunale Umsetzung von „KrefeldKlima2030“ möglich wird.

In der Hoffnung auf eine zukünftig wieder erfolgreiche Naturschutztätigkeit der Stadt Krefeld, verbleiben wir mit freundlichen Grüßen.
Michael Müller und Klaus Kosmol
Leiter der Gruppe Krefeld